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Goethe und des Pudels Kern

Andreas Venzke: Goethe und des Pudels Kern
Arena Verlag

Wenn der Name Johann Wolfgang von Goethe im Deutschunterricht auftaucht, dann steht schnell der Dichterfürst, das Universalgenie, kurzum, das Denkmal Goethe vor Augen – eher eine Barriere statt Anreiz, sich mit “Goethe und seinen Werken zu befassen. Das muss nicht sein. Abhilfe schafft das Buch “Goethe und des Pudels Kern”, das Andreas Venzkes für Kinder und Jugendliche geschrieben hat. Darin lässt er Goethe selbst aus seinem Leben plaudern, abwechslungsreich und nachvollziehbar, mit vielen Details. Der Leser lernt Goethe in allen seinen Lebensabschnitten kennen: als Kind, Dichter, Wissenschaftler, Reisenden, Staatsdiener und Familienvater. Geschildert wird Goethe als Mensch von nebenan, mit Stärken und Schwächen, die vielen Lesern vertraut vorkommen dürften. Zum Beispiel, wenn Goethe als Student in Straßburg von seiner Höhenangst erzählt, vom Stress mit seinem Vater berichtet, weil er im Studium nicht wie von diesem gefordert vorankommt. Auch damals schien es schon eine Rolle gespielt zu haben, ob man die richtigen Klamotten anhat. So beklagt Goethe beim Wechsel an die Uni Leipzig: ãIch komme mir etwas hinterwäldlerisch vor, weil ich merke, wie man sich über mich lustig macht. Zwar trage ich teure englische Stoffe, doch sind meine Hosen, Westen und Hemden nicht gerade die neueste Mode.
Die Welt Goethes ist also gar nicht so weit weg von der heutigen. Nicht zuletzt beim Thema Liebe. Auch die war vor 200 Jahren eine komplizierte Kiste. Bei Goethe allerdings entstehen auch aus Liebeskummer geniale Werke wie “Die Leiden des jungen Werthers” – vielleicht auch gerade deswegen. Nicht nur die Liebe, auch Reisen wie die nach Italien oder die Begegnung mit Persšnlichkeiten wie Kaiser Napoleon schlagen sich in den Büchern nieder, die Goethe geschrieben hat. Nach der Franzšsischen Revolution notiert er: “So versuche ich, in dieser Sache literarisch zu wirken. Ich schreibe Schauspiele, deren Lehre eindeutig ist. Ich will zeigen, dass sich die Menschheit nicht durch Gewalt und Tyrannei weiterentwickeln kann...” Dieses literarische Wirken mündet in die Geschichte von “Reineke Fuchs”. Auf diese Weise wird der Leser mit einigen Hauptwerken Goethes und mit deren Entstehungsgeschichte vertraut gemacht.
Dieser individuellen Sicht des Erzählens in der Ich-Form stellt Venzke mit Sachkapiteln eine zweite Erzählebene an die Seite. Darin ordnet der Autor die von Goethe geschilderten Erlebnisse in die damalige Zeit ein, erläutert welche Wirkung Goethe mit seinen Werken damals ausübte. Venzke nutzt diese zweite Ebene auch, um sich kritisch mit der Ich-Erzählung Goethes auseinanderzusetzen, dessen Selbstbildnis zu ergänzen, so dass etwas von dem Denkmal Goethe bršckelt. So heißt es im Kapitel Das Herzogtum Weimar: “Goethe entwickelte sich im Dienste seines Herzogs zu einem gewieften Taktiker, der gegen alle vorging, die sich auf Recht und Freiheit beriefen oder seine Stellung gefährdeten. Wie man heute weiß, schreckte er auch nicht davor zurück, Menschen hinterherspionieren zu lassen.”
Diese Kombination zwischen der persönlichen Begegnung mit dem Alltagsmenschen Goethe und der aktuellen Wertung und kunst- und kulturgeschichtlichen Einordnung seiner Person und Werke machen den Reiz des Buches aus. Ergänzt wird es durch ein Glossar sowie eine Zeittafel. Das Buch macht Appetit auf mehr Goethe und seine Werke.

Andreas Venzke: Goethe und des Pudels Kern
Illustrationen von Klaus Puth
Arena-Verlag, ISBN 978-3-401-05994-5